Meinung
Keine “Weiße Weste”: USA und EU als Kriegsparteien
Seit der Sprengung von Nord Stream könnte man eigentlich die gesamten Ausgaben für das Auswärtige Amt einsparen. Welches Land auf diesem Planeten soll ein Gegenüber ernst nehmen, das sich von einem vermeintlichen Verbündeten seine Energieversorgung zerschießen lässt und keinen Mucks dazu sagt, und das freiwillig seine Lebensgrundlage preisgibt? Es ist egal, ob Scholz oder Baerbock oder Habeck oder Lindner irgendwo auftauchen, und es ist egal, wohin sie gehen – ein Land, das seine Souveränität derart preisgegeben hat, hat keine Außenpolitik mehr.
Und jeder auf diesem Globus, der zwei und zwei zusammenzählen kann, weiß, dass Deutschland auch nichts mehr zu bieten hat. Nicht nur die industrielle Stärke, auch der Wohlstand beruhten auf der sicheren Energieversorgung, und selbst wenn es möglich wäre, das gekappte russische Gas durch US-LNG zu ersetzen – warum sollte man dann mit einem deutschen Gegenüber sprechen, wenn die USA doch in der Hand haben, diese Versorgung jederzeit zu kappen? Als in der BRD der Bau von Atomkraftwerken begann, als die ersten Pipelines nach Russland gelegt wurden, ging es nur an der Oberfläche darum, nicht mehr von der OPEC erpressbar zu sein. In Wirklichkeit ging es darum, sich nicht den Vereinigten Staaten auszuliefern. Vergangene deutsche Regierungen wussten, dass das Freunde sind, die man sich am besten auf Armeslänge vom Leib hält, gleich, was offiziell erklärt wurde. Und sei es, weil es industriell immer wieder zu Konkurrenz kam; berühmtes Beispiel ist der brasilianische Atommeiler Angra II.
Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen, und wenn Scholz es nun für nötig hält, weiter so zu tun, als wäre nichts, wird er das internationale Ansehen des Landes mindestens ebenso beschädigen, wie es Bundesaußenministerin Annalena Baerbock tut (bei der schon aus Kompetenzgründen niemand erwarten würde, dass sie Feinheiten wie Souveränität versteht).
Es mag ja sein, dass sich große Teile der deutschen Öffentlichkeit an der Nase herumführen lassen, was den Anschlag auf Nord Stream betrifft. Aber der Rest der Welt hat eigene Zeitungen, weiß genau, was da passiert ist, und wird daraus die Konsequenz ziehen, dass man bedeutend Zeit und Energie sparen kann, wenn man gleich mit den USA verhandelt.
“Verheerung, Ruinen, Millionen zerstörter Menschenleben” – Putin zur Hegemonie des Westens
Andererseits – eine längere Reihe demütigender Erfahrungen ist Scholz für sein Schweigen durchaus zu gönnen. Vietnam ist da fast noch viel zu groß, um die richtige Wirkung zu erzielen. Ein kleinerer lateinamerikanischer Staat wäre nicht schlecht, oder ein Inselstaat, Aruba oder Kiribati. Oder Bhutan. Nichts jedenfalls, das die Größe der Hansestadt Hamburg übersteigt, damit das auch in jenem Teil von Olaf Scholz ankommt, der sich allein deshalb schon groß und stark fühlt, weil Deutschland größer ist als der Stadtstaat, aus dem er kommt.
Wie gesagt, er ist alt genug, um sich daran zu erinnern, wieviel Vietnam seine Souveränität wert war. Wenn er es schon in seiner politischen Karriere nicht gelernt hat, wann er die Klappe aufreißen müsste (in jenem Moment, da Biden erklärte, man werde dafür sorgen, dass Nord Stream 2 nicht in Betrieb ginge), lernt er jetzt vielleicht wenigstens, wann er sie halten sollte.
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