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Russland bleibt böse: “Berliner Zeitung” orakelt über Russlands Zukunft

Russland bleibt böse: "Berliner Zeitung" orakelt über Russlands Zukunft

Quelle: Gettyimages.ru © Soeren StacheBerliner Zeitung

Von Gert Ewen Ungar

In einem Beitrag der Berliner Zeitung, der weitgehend ohne Fakten auskommt, orakelt der Politikwissenschaftler Alexander Dubowy über die Zukunft Russlands. Im Kern wiederholt er lediglich bereits etablierte Stereotype. Russland sei imperial, Russland sei rückständig, Russland sei dem Untergang geweiht. Im Gegensatz zu den anderen Staaten der ehemaligen Sowjetunion sei es Russland nicht gelungen, sich zu modernisieren.


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Es bleibt unklar, welche Länder der Autor da im Blick hat, aber das ewig rückständige Baltikum beispielsweise kann es nicht sein. Das hat auch knapp zwanzig Jahre nach dem EU-Beitritt noch immer kein tragfähiges Geschäftsmodell, ist weitgehend deindustrialisiert, wird von der EU durchgefüttert und liefert im Gegenzug dafür die aggressive Rhetorik, die eine Eskalationspolitik gegenüber Russland rechtfertigt. Modern und fortschrittlich ist daran nichts. Auch die repressive Sprachgesetzgebung wird der Autor kaum meinen. Er führt keine Beispiele für seine These an, vermutlich deshalb, weil es keine gibt.  

Wie so häufig bei für ein westliches Publikum schreibenden Russland-Experten, bleiben all die Thesen des Autors unbelegt oder werden mit anderen, ebenso thesenartig formulierten Beiträgen deutscher oder westlicher Medien eben nicht belegt, sondern lediglich inhaltlich wiederholt. Die Wiederholung macht die Aussage aber nicht wahrer. Vor allem dann nicht, wenn sich der Autor selbst zitiert – das zählt als schlechter Stil. Man gibt sich den Anschein von Seriosität, ohne es jedoch zu sein. Das Beispiel Baltikum zeigt auch, warum zu dieser Methode der Auslassung gegriffen wird. Der überwiegende Teil der Thesen westlicher Russlandexperten zu Russland lassen sich schlicht nicht belegen.

Natürlich blickt der Autor völlig ahistorisch auf den Ukraine-Konflikt. Das ist in Deutschland so üblich, aber auch das hat mit den Fakten wenig zu tun. Man muss es immer wieder schreiben: Der Ukraine-Konflikt wurde herbei eskaliert. Deutschland ist an dieser Eskalation nicht unschuldig, im Gegenteil. Wer als Wissenschaftler diesen historischen Blick verweigert, täuscht seine Leser absichtlich.

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Das Dubowy seine Leser täuscht, gilt beispielsweise auch, wenn er Russland einen Mangel an Soft Power attestiert. Wer schon die bloße Anzahl an erfolgreichen diplomatischen Vermittlungen mit denen der EU oder Deutschlands vergleicht, kann sich angesichts der Behauptung nur verwundert die Augen reiben. An eine erfolgreiche europäische oder gar deutsche Initiative wird man sich schwerlich erinnern können, während es Russland gelingt, den eurasischen Raum immer weiter zu integrieren und das Land dabei durch internationale Kooperation vermag, die aggressive Politik der EU wirkungsvoll zu neutralisieren. Die Außenpolitik von sowohl der EU als auch Deutschland glänzt durch Flops, im Hinblick auf Russland sogar durch die Verweigerung von Diplomatie und Gespräch. Wo da die besseren Perspektiven liegen, muss hier wohl nicht noch gesondert herausgearbeitet werden. 

Richtiggehend peinlich wird es, wenn der Autor sich in psychologischen Deutungsversuchen ergeht und versucht, Putin eine Diagnose in Richtung Manie und Größenwahn unterzuschieben. Er ist damit sicherlich nicht allein in Deutschland, es ändert jedoch nichts an der Zweifelhaftigkeit der Methode. Psychiatrische Diagnosen nach bloßer Aktenlage gehen auch dann häufig schief, wenn man dafür die entsprechende Ausbildung hat. Dass sich der russische Präsident mit Dubowy zur Diagnostik getroffen hat, kann wohl ausgeschlossen werden, dass Dubowy über entsprechende Fachkenntnis verfügt, wohl auch.

Wie viele seiner ein antirussisches Narrativ bedienender Kollegen fantasiert und spekuliert auch Dubowy wild durch die Gegend und heraus kommt: Putin ist ein Spinner. Voilà! Mit Expertentum hat das alles natürlich nichts zu tun. Man sollte seine Grenzen kennen, sei dem Autor geraten, vor allem aber soll man sein Publikum nicht täuschen. 


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In seiner ganzen Peinlichkeit ist der Aufsatz in der Berliner Zeitung jedoch typisch für eine einseitige und in weiten Teilen absolut inkompetente Berichterstattung über Russland. Schade, denn Deutschland bräuchte dringend ein faktenbasiertes Russlandbild, um politisch kluge Entscheidungen zu treffen. Die seit Jahren wiederholte und nur leicht variierte Behauptung, Russland geht demnächst unter, weil alle Klischees über Russland tatsächlich stimmen, ist keine gute Grundlage für politische Entscheidungen. Mehr hat die deutsche Medienlandschaft aber aktuell nicht zu bieten. Wirklich schade. 

Eine tatsächliche, auf Fakten basierende Analyse würde zu ganz anderen Ergebnissen kommen. Russland ist nicht dem Untergang geweiht, sondern eine federführende Kraft der weitergehenden Integration Eurasiens und der Erweiterung der BRICS. Die gerade entstehenden und sich erweiternden Bündnisse sind der Gegenentwurf zur EU, die von den Mitgliedstaaten die immer weitergehende Aufgabe von Souveränität fordert. Die Staatenbündnisse, in die Russland investiert, sichern dagegen die Souveränität ihrer Mitgliedstaaten. Aus diesem Grund ist auch das Argument, Russland strebe nach Hegemonie, verfehlt. Aus dieser Perspektive ergibt sich aber deutlich, wie sehr die EU inzwischen isoliert ist. Und insgesamt ist die Politik Russlands im Gegensatz zur Behauptung des Autors damit recht modern. 

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